Pflichten für Unternehmen
KI-Kompetenz nach Art. 4:
Was die neue Pflicht für Sie bedeutet
Der AI Act fordert mehr als nur Technik. Artikel 4 etabliert eine übergreifende Pflicht zur Kompetenzerfüllung. Wir erklären, was das für Ihr Unternehmen bedeutet und welche strategischen Maßnahmen Sie jetzt stellen müssen.

Artikel 4 im Klartext: Die Kernanforderungen
Artikel 4 des EU AI Act verpflichtet Anbieter und Betreiber von KI-Systemen, Maßnahmen für eine ausreichende KI-Kompetenz (AI Literacy) im Unternehmen zu ergreifen. Dies gilt für alle Mitarbeitenden, die KI-Systeme im Auftrag des Unternehmens nutzen oder überwachen.
- Wer ist betroffen? Praktisch jedes Unternehmen, das KI einsetzt oder anbietet.
- Was ist zu tun? Erforderlich sind nachweisbare "Maßnahmen", die Rolle, das Vorwissen und der Kontext.
Zusammengefasst: Artikel 4 verlangt, dass Ihre Mitarbeiter kontextbezogen geschult werden und dies nachvollziehbar dokumentiert wird.
Warum ein rollenbasierter Ansatz entscheidend ist
Eine "One-size-fits-all"-Schulung wäre nicht nur ineffektiv, sondern verfehlt auch die Anforderung der Verordnung nach kontextbezogener Kompetenz. Die Wissensanforderungen unterscheiden sich je nach Verantwortung im Unternehmen fundamental:
- Führungsebene: Benötigt strategisches Wissen über Risiken, Governance und Haftung.
- Fachbereiche (Operativ): Müssen die Grenzen der von ihnen genutzten KI-Tools und die richtigen Meldewege für Incidents kennen.
- IT/Engineering: Fokussiert auf den technischen Betrieb, das Monitoring und die Datenqualität.
- Legal/Compliance: Muss die rechtlichen Definitionen, Pflichten und die Schnittstellen zur DSGVO beherrschen.
Ein erfolgreiches Konzept muss diese unterschiedlichen Bedarfe befriedigen und in einem Konzept abgebildet werden.
Ihre zentralen Handlungsfelder
Um die Anforderungen aus Artikel 4 strategisch zu erfüllen, müssen Unternehmen mehrere Kernbereiche in Angriff nehmen. Die folgenden Handlungsfelder bilden die Grundlage für ein konformes KI-Kompetenzmanagement:
- 1.Bestandsaufnahme & Rollenklärung: Identifizieren Sie alle genutzten KI-Systeme und definieren Sie klar die internen Verantwortlichkeiten (z.B. operative Nutzer, technische Betreuer, strategische Entscheider).
- 2.Bedarfsanalyse & Konzeptentwicklung: Leiten Sie aus den Rollen und dem Risikograd der eingesetzten KI-Systeme den spezifischen Schulungsbedarf ab und entwickeln Sie ein didaktisches Gesamtkonzept.
- 3.Umsetzung & Integration: Führen Sie die Schulungsmaßnahmen durch und verankern Sie diese fest in den Unternehmensprozessen, insbesondere im Onboarding für neue Mitarbeitende.
- 4.Nachweisführung & Überprüfung: Etablieren Sie einen schlanken Prozess, um die Durchführung und Wirksamkeit der Schulungen lückenlos zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen.
Die Bedeutung der lückenlosen Nachweispflicht
Eine nachvollziehbare Dokumentation ist kein Selbstzweck, sondern entscheidend, um die Erfüllung der Pflichten aus Artikel 4 zu belegen und Haftungsrisiken zu minimieren. Auditfeste Nachweise umfassen typischerweise:
- Das Schulungskonzept: Die Dokumentation, *welche* Inhalte *wer* in *welcher* Frequenz lernt.
- Die Durchführung: Nachweise über die Teilnahme an den jeweiligen Schulungsmodulen (z.B. Teilnehmerlisten).
- Die Wirksamkeit: Belege, dass die Lernziele erreicht wurden (z.B. durch Protokolle von Use-Case-Checks oder "Lessons Learned").
- Die Prozess-Verankerung: Referenzen in relevanten Arbeitsanweisungen (SOPs), die auf die erlernten Kompetenzen verweisen.
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Artikel lesenHäufig gestellte Fragen (FAQ)
Ist ein Wissenstest für die Mitarbeitenden verpflichtend?
Nein. Artikel 4 fordert "Maßnahmen", ohne eine Pflicht zur formellen Wissensmessung festzulegen. Ein schlanker, dokumentierter Wirksamkeits-Check ist jedoch empfehlenswert, um die Umsetzung nachweisen zu können.
Gilt die Pflicht zur KI-Kompetenz auch ohne den Einsatz von Hochrisiko-KI?
Ja, Artikel 4 gilt rollen- und kontextbezogen für alle Anbieter und Betreiber von KI-Systemen. Bei Hochrisiko-Systemen sind die Anforderungen an die Nachweise im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems (QMS) aber umfangreicher.
Wie oft müssen wir schulen?
Das Gesetz schreibt keine fixe Frequenz vor. Als Best Practice hat sich eine jährliche Auffrischung etabliert, ergänzt durch Schulungen im Onboarding-Prozess sowie anlassbezogen bei der Einführung neuer KI-Systeme.
Rechtlicher Hinweis
Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Er übersetzt die Anforderungen aus Art. 4 AI Act in praxisnahe Handlungsempfehlungen.